Rheinland-Klinikum kommt nicht zur Ruhe

Neuss. Eine Krankenschwester steht im Verdacht, auf der Intensivstation des Lukaskrankenhauses einen Patienten getötet zu haben. Ermittlerteams der Staatsanwältin, die stark mit Medienhäusern zusammenarbeitet, gehen dort ein- und aus, stellen alles auf den Kopf. Sowohl Pflegerinnen des Lukaskrankenhauses wie auch des Johanna-Etienne-Krankenhauses drohten zuvor hasserfüllt im Internet, unliebsame Bürger einer „besonderen Behandlung“ zu unterziehen, wenn sie einmal eingeliefert würden. „Ich habe es als Morddrohung empfunden“, so ein Adressat dieser Botschaften. Das macht vielen Angst.

Auch, dass nun mehrfach schwerkranke Corona-Patienten abgewiesen und nach Dormagen geschickt wurden, wo die Intensivstation noch freie Kapazitäten hat, alarmiert auch die Gremien der zuständigen Städte und des Rhein-Kreises Neuss.

Es soll schnell gehandelt werden: Nur ein paar Monate durfte Georg Schmidt (51) die Geschäfte des Rheinland Klinikums alleine führen. Nun soll heute Abend die Geschäftsführung der kriselnden Anstalt aufgebläht werden. Die Bosse der Klinik treffen sich zur Krisensitzung. Mit Nicole Rohde (46), Alexander Lottis (53) und eben Schmidt als bislang eher unhörbaren „Sprecher“ soll künftig eine Dreiergruppe unter Aufsichtsratsvorsitzenden Jacobs (77) die Geschäfte führen.

Gerade die Personalie Lottis gilt als pikant. Auffälligkeiten pflastern seinen Weg. Seinen ersten Vorstandsposten verlor er bereits nach etwa acht Wochen. Dort hatte man kein Vertrauen mehr in seine Arbeit, da er dem Unternehmen schwer geschadet habe, indem er, so der Vorwurf, zu viele brisante Informationen an die Öffentlichkeit gegeben habe. Böse Zungen behaupten zwar, im Rhein-Kreis Neuss könnte die Eigenschaft, Vertrauliches an die Presse durchzustechen, eine wichtige Einstellungsvoraussetzung sein, fraglich ist aber, ob Lottis, dessen Führungsstil als umstritten gilt, auch als Teamplayer agieren kann.

Als Geschäftsführer des Klinikums Osnabrück soll es immer wieder Reibereien mit dem Sprecher der Geschäftsführung, Martin Eversmeyer, gegeben haben. Am Ende waren die Differenzen offenbar so groß, dass es Lottis war, der freigestellt wurde.

Mangelnde Teamfähigkeit in einer mehrköpfigen Geschäftsführung täte dem Rheinland Klinikum nicht gut. Besonders dann nicht, wenn eine Staatsanwältin im Hause wegen bewusster Patienten-Tötung ermittelt, die nicht verhindern konnte, dass der Fall Metzfelder, der gerne in Neuss Freunde besuchte, frühzeitig in den Medien behandelt wurde. „Das wird noch ein großes Presse-Echo finden“, befürchtet der langjährige Ratsherr Sebastian Rosen (CDU), der im Gespräch war, die Nachfolge von Thomas Nickel als Krankenhaus-Lenker anzutreten, sich aber für eine Bürgermeister-Kandidatur entschied.

In Osnabrück wurden Lottis zudem ein an „Realitätsverlust“ grenzendes Verhalten und mangelnde Sozialkompetenz vorgeworfen, nachdem er für sein finanziell angeschlagenes Krankenhaus ein Gemälde für 14.000 Euro kaufte, während seine Mitarbeiter Gehaltseinbußen hinnehmen mussten.

Rauswurf auch in Kassel

Von Januar 2020 an soll er dann die DRK Kliniken Nordhessen in die Insolvenz geführt haben. Nach nicht einmal 18 Monaten musste er gehen. Verwaltungsratsvorsitzender Joachim Jasper gab ihm wenige Tage Zeit, sein Büro von persönlichen Gegenständen zu räumen. Die Vorwürfe in den DRK Kliniken wogen schwer und reichten von eigenmächtigen Verkaufsverhandlungen bis hin zu einem im Alleingang gestellten Insolvenzantrag. Immerhin weiß Lottis, wie man einen Insolvenzantrag stellt. Eine Fähigkeit, die bald auch an der Preußenstraße von Bedeutung sein könnte, denn auch in diesem Jahr wird wieder ein Millionendefizit ausgewiesen werden. Mittlerweile wurde Lottis ehemalige Wirkungsstätte in Kassel von der privaten Gruppe der Helios-Kliniken übernommen.

Privatisierung des Rheinland Klinikums als Ausweg aus der Krise?

Die Übernahme durch einen privaten Klinikkonzern kommt in der Branche häufig dann vor, wenn in erster Linie kommunale Krankenhäuser aufgrund fehlender Strategie, fehlendem Kostenbewusstsein und Einmischungen des Aufsichtsratsvorsitzenden ins operative Geschäft in eine finanzielle Schieflage geraten. Ob die Übernahme durch einen privaten Klinikbetreiber auch eine Blaupause für das Rheinland Klinikum sein wird, bleibt abzuwarten. Klar scheint aber, dass an der Preußenstraße so bald keine Ruhe einkehren wird. Aufgrund der wieder einmal zweifelhaften Personalentscheidungen, der immer noch fehlenden Medizinstrategie und der dringend erforderlichen Sanierung.

Die Anklage gegen eine Krankenschwester, die Anfang des Jahres auf der Intensivstation des Lukaskrankenhauses einen Patienten getötet haben soll, bereitet den Klinik-Verantwortlichen große Sorgen. Landrat Petrauschke (CDU) und der Neusser Bürgermeister Breuer (SPD) hoffen auf keine weitere Bescherungen hinter diesem Fall. Vertrauensverlust und Angst bei den Bürgerinnen und Bürger, die im Krankheitsfall lieber den Katzensprung in Düsseldorfer Hospitäler planen, kann auch ohne Zutun von selbstherrlichen Krankenschwestern, die Gott spielen wollen, zum Genickbruch führen. Quo vadis, Rheinland Klinikum? Übrigens: Lottis hat aktuell noch einen Gegenkandidaten, der heute Abend aber im Führungsgremium niedergerungen werden soll. 

Frank Möll

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