Rheinland-Klinikum in der Krise

Neuss. Das Rheinland-Klinikum steckt in einer Krise. Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Umfeld der Neusser Intensivstation. Hat es hier Abtötungen der Patienten durch das Pflegepersonal gegeben? Ein ungeheuerlicher Verdacht. Eine Krankenschwester soll gegenüber Kollegen zugegeben haben, einen Patienten gezielt getötet zu haben. Und: Ein Manager der Helios-Kliniken hat Kontakt nach Neuss aufgenommen, will das wirtschaftlich in schwieriges Fahrwasser gelangte Rheinland-Klinikum offenbar aufkaufen.

Wofür sich die Lokal- und Landespolitik im Hinblick auf die „Rettung“ des Krankenhauses in Grevenbroich abfeiert, sei das Gegenteil von dem, was medizinisch und wirtschaftlich sinnvoll ist und von Branchenexperten für sinnvoll erachtet wird, wie in Deutschlands führender Zeitschrift für Krankenhausmanagement nachzulesen ist. Auch der angekündigte Ausbau der Chirurgie sowie der Inneren Medizin in einem schrumpfenden Markt sei rational nicht zu verstehen, da Wachstum ohne Renditechance die Verluste steigen und die medizinische Qualität sinken lässt.

Die Chance, sich den Entwicklungen im Gesundheitswesen und der Krankenhausgesetzgebung folgend ausschließlich auf ein für die Patienten attraktives ambulantes Zentrum zu konzentrieren, wurde vertan. Der Dampfer Rheinland Klinikum fährt auf eine Klippe. Seit den Beschlüssen von Donnerstag sogar mit dem Kommando „volle Fahrt voraus“.

Die Crew auf der Brücke, Nicole Rohde, die am Niedergang des Klinikums seit der Trennung von Dr. Nicolas Krämer wesentlich beteiligt war, Alexander Lottis, der bislang stets erfolglose Sanierer und Georg Schmidt, der schweigende Sprecher, der nach über einem Jahr Amtszeit ebenso wenige Erfolge vorweisen kann wie bei seiner letzten Tätigkeit in Hagen, muss das Ruder in letzter Minuten herumreißen.

Erleidet das Rheinland Klinikum Schiffbruch, zahlt der Steuerzahler die Zeche. Nicht nur vielleicht, sondern ganz bestimmt, denn die „Unterstützung“ des Rhein-Kreises sowie der Stadt Neuss wurden bereits angekündigt. In diesem Sinne Schiff ahoi. Beste Lösung: Chuck Norris müsste übernehmen, wie auf den Hausfluren des ehemaligen Lukaskrankenhauses gewitzelt wird. Ein entsprechendes Flugblatt kursiert dort (Foto). Dem Ernst der Lage wird Sarkasmus dieser Art allerdings nicht gerecht.

Erhalt der vier Standorte 

Die Pressesprecher des Rheinland-Klinikus, Ulla Dahmen, erklärt gegenüber Rheintoday: Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung haben die Weichen für die Zukunft des Rheinland Klinikums gestellt: Die Standorte Krankenhaus Dormagen, Elisabethkrankenhaus Grevenbroich, Lukaskrankenhaus und Rheintor Klinik in Neuss bleiben als Krankenhäuser erhalten. Neuausrichtung und Weiterentwicklung werden in den kommenden drei bis vier Jahren umgesetzt. An der Spitze des Klinikums steht künftig eine dreiköpfige Geschäftsführung.

Nach einem intensiven Findungsprozess zur Weiterentwicklung der einzelnen Standorte des Rheinland Klinikums haben der Aufsichtsrat und anschließend die Gesellschafterversammlung am Donnerstag die künftige grundlegende Ausrichtung des Klinikums auf der Grundlage der Empfehlungen von Aufsichtsrat und Geschäftsführung festgelegt.

Alle Standorte bleiben demnach als Krankenhausstandorte mit stationären Betten erhalten. Sie werden auf Basis der vorliegenden internen und externen Konzepte neu strukturiert und so zukunftssicher gestaltet. Das beinhaltet Maßnahmen vom weiteren Ausbau chirurgischer und internistischer Abteilungen bis hin zum Aufbau eines ambulanten OP-Zentrums und dem Angebot von Reha-Leistungen in Grevenbroich.

Im Elisabethkrankenhaus in Grevenbroich bleiben eine stationäre chirurgische und internistisch-kardiologische Basisversorgung sowie die Notfallversorgung erhalten. Die Verlegung der Gynäkologie und der Fachabteilung für Kardiologie von Grevenbroich nach Dormagen wird eingeleitet. An allen Standorten wird in Medizin und Infrastruktur investiert.

Für die Umstrukturierung wird von einem Zeitbedarf von drei bis vier Jahren ausgegangen. 

Erleichtert zeigten sich die Beteiligten über diese grundlegenden Entscheidungen. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke und Bürgermeister Reiner Breuer kommentierten das Ergebnis: „Alle Standorte haben eine gute Perspektive mit stationären Angeboten und einer Notfallversorgung. Wir brauchen jede Beschäftigte und jeden Beschäftigten und insbesondere Pflegerinnen und Pfleger, um das gute medizinische Angebot der Kliniken für die Patientinnen und Patienten zu erhalten und bedarfsgerecht auszubauen. Die neue Geschäftsführung ist berufen, gemeinsam mit den Beschäftigten notwendige Schritte zur Umstrukturierung in allen Standorten zu gehen.“

Aufsichtsratsvorsitzender Wilfried Jacobs betonte: „Der Beschluss des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung ist von größtem Wert für die künftige Entwicklung des Rheinland Klinikums – sowohl was die Standorte als auch die Erweiterung des Leistungsangebotes betrifft.“

Eine weitere Entscheidung betrifft die Führungsspitze des Rheinland Klinikums: Nicole Rohde (47) und Alexander H. Lottis (53) ergänzen künftig die Geschäftsführung (Rheintoday berichtete vorab). Am Abend empfahl der Aufsichtsrat unter dem Vorsitz von Wilfried Jacobs die Berufung der von einer Findungskommission ausgewählten Kandidaten. Dem folgten Landrat Hans-Jürgen Petrauschke und der Neusser Bürgermeister Reiner Breuer als Vertreter der Gesellschafter in der anschließenden Gesellschafterversammlung.

Mit Georg Schmidt, dem Sprecher der Geschäftsführung, bilden Nicole Rohde und Alexander Lottis künftig die Führungsspitze des Rheinland Klinikums.

Frau Rohde übernahm nach dem Examen in der Gesundheits- und Krankenpflege und einem Studium der Betriebswirtschaftslehre die Leitung der Neusser Rheintor Klinik und brachte diesen Standort seit 2005 als Direktorin auf die Erfolgsspur. Seit April 2020 unterstützt Frau Rohde die Geschäftsführung des Rheinland Klinikums in zahlreichen Themen. Als Mitglied der Geschäftsleitung war sie mitverantwortlich für die operative und strategische Führung des Konzerns. Im Juli 2021 hat sie zudem als Geschäftsführerin des Zentrums für Arbeitsmedizin (ZAM), eines Tochterunternehmens des Rheinland Klinikums, die Verantwortung übernommen.

Alexander H. Lottis leitete unter anderem als Geschäftsführer das Klinikum Osnabrück, ein 800-Betten-Haus mit zwei Standorten und einem Umsatz von etwa 220 Millionen Euro. Bis zum Sommer dieses Jahres führte er als Interim Manager die DRK Kliniken Nordhessen. Derzeit ist er bei der Endera Group mit MVZ-Restrukturierungen befasst.  

 

Zu den Ergebnissen der beiden Sitzungen betonte Georg Schmidt, Sprecher der Geschäftsführung, am Abend: „Ich freue mich über die klaren strategischen und personellen Entscheidungen für die Zukunft des Rheinland Klinikums und das eindeutige Bekenntnis der Gesellschafter zum Erhalt des Hauses in kommunaler Trägerschaft. Mit Frau Rohde und Herrn Lottis haben wir in der Geschäftsführung Kompetenz, langjährige Berufserfahrung und auch die erforderliche personelle Verstärkung, um die anspruchsvollen Aufgaben im Klinikum erfolgreich voranzubringen. Jetzt geht es darum, gemeinsam mit den Beschäftigten an allen Standorten die Zukunft des Rheinland Klinikums zu gestalten.“

Zum Rheinland Klinikum Neuss gehören das Krankenhaus Dormagen und das Elisabethkrankenhaus in Grevenbroich sowie das Lukaskrankenhaus und die Rheintor Klinik in Neuss, außerdem unter anderem drei Senioreneinrichtungen in Grevenbroich, Korschenbroich und Neuss sowie elf Kindertageseinrichtungen in Neuss.

Frank Möll

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