Walter-Borjans Geheimfahrt zu Oskar Lafontaine flog auf
Düsseldorf. Der neue SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hat es nicht leicht, geeignete Mitarbeiter zu finden. Er ist ein gebranntes Kind. Nach der Wahlniederlage von Jürgen Rüttgers im Jahr 2010 war die von Hannelore Kraft geführte SPD noch nicht bereit, öffentlich mit der SED-Nachfolgepartei „Die Linke“ zu kuscheln. Doch Kraft wollte sich von den Schmuddelkindern tolerieren lassen und schickte dafür ihren „Mann für Grobe“, Norbert Walter-Borjans, nach Saarbrücken zu seinem ehemaligen Chef und Freund Oscar Lafontaine.
Heute ist Borjans bekanntlich SPD-Bundeschef. Das macht die Geschichte brisant, denn sein Kanzlerkandidat Olaf Scholz will nicht so richtig innig mit den Linken kuscheln.
Walter-Borjans war erst Pressesprecher von Johannes Rau, dann Staatssekretär im Kabinett von Oskar an der Saar; und auch mit Sarah Wagenknecht versteht sich der kölsche Jung, der in seinem Geburtsort Meerbusch-Lank viele Jahre lang als Messdiener am Altar diente, wunderbar. Pech nur, dass sein katholischer Kumpel und Fahrer, Harald Juncke (Name von der Redaktion geändert), einer von der rheinischen Sorte ist, die an der Theke gerne Neuigkeiten ausplaudern, um bei seinen Jungs Anerkennung zu finden. Das Schützenidol Juncke war zu der Zeit Pressesprecher einer Hilfsorganisation und hielt engsten Kontakt zu Journalisten in seinem Sprengel. Altbier und Aquavit waren damals Getränke der ersten Güte und Junckes neuer Chef wunderte sich über den massiven Anstieg der Getränkeausgaben im Bereich „Pressebetreuung“. Damit die Reporter seine Artikelchen abdruckten, musste Juncke auch mal einen Knüller liefern. Ganz eng ist „Dirty Harry“ mit dem Journalisten-Ehepaar Kleinau der Rheinischen Post verbunden. „Ich habe das natürlich unterstützt, so Junckes Führungsoffizier. „Mein Mitarbeiter war auch Fahrer anderer Ministerinnen und Minister im NRW-Fuhrpark des Landtages. Wenn es deren Zeit erlaubte, brachte er die Promis zu unseren Veranstaltungen und Vorträgen mit.“ Der damalige RP-Chefredakteur Sven Gössmann bekam über den feucht-fröhlichen Kneipenkanal schnell Wind von Walter-Borjans Geheimfahrt in Lafontaines Heimat, obwohl die SPD den ehemaligen Bundesparteichef und „Verräter“ offiziell selbst mit einer Kneifzange nicht anfassen würde. Doch Nowabo und Oskar sind Kampfgefährten, stehen sich politisch nah. Hannelore Krafts Auftrag war es, über den inoffiziellen Kanal eine linke Front in Düsseldorf zu schmieden. Auf den langen Fahrten erörterten Borjans und sein Fahrer Harry Juncke die Situation. Tage später musste der Unterhändler alles auf der Titelseite der Rheinischen Post lesen und Sven Gösmann ließ eine Pulle Rotwein mit einer gelben Karte schicken: „Die Firma dankt“, stand unter dem RP-Logo. Darunter Gösmanns Unterschrift gekritzelt. Heute ist er Chef der Deutschen Pressagentur (dpa). Kraft bekam einen ihrer gefürchteten Wutausbrüche, doch die nun nicht mehr geheime Borjans-Mission führte dazu, dass die Linken in NRW Hand in Hand mit der SPD marschierten. Zu einem wichtigen Festakt der größten Regionalzeitung vor Ort ließ sie sich vertreten, so sauer war die Ministerpräsidentin auf die ehemals „schwarze Prawda“. Bis heute weiß Norbert Walter Borjans nicht, wo sein Leck war. Denn auch andere Geheimnisse wie Details über den Ankauf der Steuer-CDs machten die Runde. Trotz aller Enttäuschungen und Eitelkeiten hat der ehemalige NRW-Finanzminister und neue SPD-Bundeschef den Glauben an das Gute im Menschen nicht verloren. Oft ist er bei Gottesdiensten im Kölner Dom zu sehen, wo er mit Albert Maier, Experte von Horst Lichters ZDF-Show „Bares für Rares“ gemeinsam fromme Lieder singt. Vor 30 Jahren ist Norbert Walter aus der Kirche ausgetreten, obwohl er auch in der katholischen Studentenbewegung aktiv war. Er hatte dem damaligen Kardinal Joseph Höffner einen langen Brief geschrieben. Ohne befriedigende Antwort. Norbert Walter war fassungslos, dass viele Pfarrer von der Kanzel gegen die SPD und für die CDU predigten, obwohl doch so viele Katholiken ein sozialdemokratisches Herz haben. Der heute in Köln-Sülz lebende Norbert Walter-Borjans hat den Draht zur Kirche nie verloren und seine vier Kinder taufen lassen. So war er bei der Einführung von Kardinal Woelki mit Armin Laschet und dem katholischen Landrat Jürgen Petrauschke in den Kölner Dom gepilgert. In seinem Umfeld wird erzählt, dass der ehemalige Ministrant darauf wartet, dass der gute Hirte Rainer Maria dem verlorenen Schaf nachgeht und mit ihm einen Deal macht. Schließlich ist Woelki ja auch mit Wowereit befreundet und hat nichts gegen Genossen, zumal Borjans dank der Steuer-CDs und der folgenden Selbstanzeigen der Sünder viele Milliarden Euros nach Deutschland gebracht und ein gutes Stück von dem Kuchen dem Erzbistum Köln übergeben können. Doch Borjans hat das Bodenpersonal Gottes noch nicht einmal den kleinsten päpstlichen Orden verliehen, während sein plauderfreudige Fahrer Juncke unzählbare Auszeichnungen an seiner katholischen Bruderschafts-Schützenuniform hängen hat. Einest steht jedenfalls fest: Für die SPD-Führung sind linke Politiker keine Fremden. Frank Möll