Estevez hat der Welt die Wahl Benedikts verkündet

Santiago/ Neuss/ Vatikan. Die Nachricht ereilte die Familie Rosen mitten in der Nacht. Kardinal Jorge Medina Estevez ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Der ehemalige Neusser Pfarrer Rolf Schnitzler führt eine Riesen-Kirchengemeinde in Chile. Der Jugendfreund von Eduard Rosen hatte bei den Visitationen von Sebastian Rosen am anderen Ende der Welt auch mehrmals den Kardinal dabei gehabt. „Eine beeindruckende Persönlichkeit“, erinnert sich Rosen, der den Kardinalprotodiakon später auch mehrfach im Vatikan traf.
Medina wurde 1985 in Rom von Papst Johannes Paul II. zum Bischof geweiht; 1998 nahm ihn der Papst ins Kardinalskollegium auf. Von 2005 bis 2007 übte er das Amt des Kardinalprotodiakons aus. In dieser Funktion kam ihm nach dem Konklave 2005 die Aufgabe zu, von der Loggia des Petersdoms aus die Wahl Kardinal Joseph Ratzingers zu Papst Benedikt XVI. der Öffentlichkeit zu verkünden. Am Konklave 2013, aus dem Franziskus als Papst hervorging, nahm er wegen des Überschreitens der Altersgrenze von 80 Jahren für Papstwähler nicht mehr teil.

Der aus Santiago de Chile stammende Medina war nach Studien der katholischen Theologie, der Rechts- und Literaturwissenschaften sowie der Biologie zunächst als Hochschullehrer tätig gewesen und fungierte während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) als Sachverständiger. Sein fachlicher Ruf führte zur Mitarbeit Medinas in verschiedenen vatikanischen Gremien. So wirkte er an der Neufassung des Kirchenrechts-Kodex mit, arbeitete zeitweilig in der Internationalen Theologenkommission mit und war an der Erstellung des 1992 veröffentlichen Weltkatechismus beteiligt.

Nach mehreren Jahren als Bischof in seinem Heimatland wechselte Medina Estevez 1996 in den Vatikan. Dort übernahm er bis 2002 die Leitung der Gottesdienstkongregation. Unter seiner Amtsführung entstand die Instruktion „Liturgiam authenticam“, mit der Bischofskonferenzen weltweit zu einer Revision ihrer Messbuch-Übersetzungen verpflichtet wurden.

In Chile war der Kardinal durchaus umstritten, da ihm eine politische Nähe zum ehemaligen Diktator Augusto Pinochet (1973 bis 1990) nachgesagt wurde. Während der Militärdiktatur kam es zu schweren Menschenrechtsverletzungen in dem südamerikanischen Land. Die Verhaftung Pinochets 1998 in Großbritannien bezeichnete Medina als „Demütigung Chiles“. Zudem sorgte der Geistliche mit kritischen Bemerkungen zur Homosexualität immer wieder für Aufsehen.

Wie gesagt: Bekannt wurde er vielen Menschen: Der Kardinal hat die Wahl von Papst Benedikt von der Mittelloggia des Petersdoms Milliarden Menschen verkündet.

Sebastian Rosen: „Ich bitte um Gebete um die Seele von Kardinal Medina Estevez. Gott hat ihm 94 Jahre hier auf Erden geschenkt.“ Der hochwürdigste Dom. Rolf Schnitzler wird die Familie Rosen demnächst wieder in Deutschland besuchen und sicher auch mit dem Erzbischof von Köln zusammentreffen, der ihm die Genehmigung erteilen wird, Gottesdienste in Neuss zu feiern. Dies besprach Woelki bei seinem jüngsten Besuch in Neuss (Einführung von Kreisdechant Hans Günther Korr). Als er die Familie Rosen beim Empfang erblickte, rief er in die große Runde: „Das sind meine guten Freunde!“

Frank Möll

Vatikan-Experte Sebastian Rosen, Dr. Rainer Maria Kardinal Woelki, Elisabeth Rosen und Eduard Rosen stehen hinter dem Erzbischof von Köln. Bei seinem jüngsten Besuch in Neuss sagte er: "Das sind meine guten Freunde". Foto: Frank Möll

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