Plausch beim Kölsch: Dormagens neuer Pastor kommt beim Volk gut an

Dormagen. Ein Hirte muss bei allen seinen Schäfchen sein, aber auch die angestammte „fromme“ Herde gelegentlich verlassen, um „verloren“ gegangene Schafe zu suchen. Daniel Fiori, der Wirt des Streetlife gegenüber der St. Michael Kirche ist vom neuen Pfarrer Dr. Heribert Lennartz begeistert. Er verrät Rheintoday: „Der Pastor setzt sich schon mal in unseren Biergarten und trinkt ein Radler. Dann halten die Leute mit ihren Fahrrädern an, setzten sich zu ihm“, so der ehemalige Meßdiener von St. Michael. „Herr Lennartz mag unseren Burger“, freut sich der Gastronom. Von der konservativen Kleidung (Anzug, weißes Hemd unter dem grauen Pullover) passt der ehemalige Rechtsanwalt nicht ins Streetlife, sticht aus der bunten Truppe hervor.

„Er ist einfach ein guter Typ“, freut sich Rainer Viersch, der mit seinem guten Freund Klaus Tosetti anhält und einige Kölsch ausgibt. „Klasse, dass wir wieder einen Pastor haben, der bei uns Menschen ist“, so der ehemalige Bundesliga-Handballer, der aber nicht mehr so oft die Heilige Messe besucht wie zu seiner Jugend, wo er mit Klaus und Christoph Will fast täglich ministriert hat. Christoph brach vor einigen Jahren zusammen, konnte nicht gerettet werden. Herztod! Ein Tränchen fließt. Christoph war ein guter Mensch. Pfarrer Lennartz liest für ihn nun eine Messe zum Jahresgedenken. Rainer und Klaus kommen auch. Es ist wichtig, für unsere Toten zu beten, damit sie ganz nah ran kommen an den Heiland und den lieben Gott. Wenn sie im Himmel sind, können unsere verstorbenen Freunde auch für uns beten, damit wir in den Himmel kommen. Eine win-win-Situation!

In schweren Zeiten ist es für viele wichtig, dass es eine Nähe zum lieben Gott gibt. Der Pastor ist hier ein Bindeglied, ein Vermittler. Durch die vielen Flüchtlinge aus aller Welt, die sich in Dormagen niederlassen und ihre Sitten mitbringen, wird Religion wieder wichtiger. Inmitten von muslimischen Syrern und ukrainischen orthodoxen Christen spielt das Thema „Religion“ wieder eine viel wichtigere Rolle als in den 90er Jahren. Angesichts des Schreckens im Heiligen Land, Teuerung und anderer Krisen suchen viele Menschen nach Antworten. 

Pastor Lennartz bekreuzigt sich, schaut auf seinen Classik-Burger mit Pommes (zehn Euro, donnerstags neun Euro) und spricht ein Tischgebet. Lecker hier beim Ex-Meßdiener Daniel Fiori, der sonntags um 11 Uhr wieder den Weg in die Heilige Messe finden will. „Der Lennartz predigt gut, sorgt für eine feierliche Liturgie mit wunderbaren Liedern“, heißt es aus der Wirtschaft. Auch der protestantische Dormagener Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe, der all´ seine Kinder (es sind vier oder fünf) von katholischen Priestern hat taufen lassen, findet wie seine Dormagener Kollegin Anissa Saysay einen guten Draht zum Seelsorger und Menschenfischer. Frau Saysay, eine Muslima, die aber von einer katholischen Nonne geprägt worden ist, konnte mit dem Theologen ein intensives Gespräch führen. Klasse! Alle sind vom neuen Hirten begeistert.

Die Leute schlendern an diesem lauen Oktober-Abend an der Außenterrasse des Streetlife vorbei, stoßen sich verwundert an: „Guck mal, da sitzt der Pastor!“ Der langjährige Gestalter der Dormagener Innenstadt, Guido Schenk, kommt mit einer Gruppe Einzelhändler vorbei, plauscht mit dem Pastor in lockerer Atmosphäre. Die Mutter des langjährigen Pressesprechers der Stadt Dormagen, der den damals unbekannten Heinz Hilgers (SPD) als SCHAUFENSTER-Chefredakteur bekannt gemacht und zum Bürgermeister (gegen Peter Olaf Hoffmann) geschrieben hat, war im Kirchenvorstand von St. Michael. Dormagener wie Guido Schenk haben die katholischen Traditionen verinnerlicht: St. Martinsumzug, Karnevalspfarrsitzung, Lichtmess, Palmsonntag, Aschenkreuz, Schützenmesse um 8 Uhr morgens, Altenberg-Pilgerfahrt, Pfarrfest.

Pfarrfest! Das gibt es seit vielen Jahren nicht mehr. Die Jungs um Daniel Fiori sind bereit, dieses wieder neu zu starten. Sie können sich gut vorstellen, mitzuhelfen in der Pfarre und Festausschuss. Auch Rainer Viersch könnte sich vorstellen, die Treppen und Leitern des Kirchturms wieder auf Vordermann zu bringen, damit die Leute wieder auf den Turm steigen können. Wie Christoph, Klaus und er früher. Und Christoph Zirwes, der Hennes, den Maskottchen-Ziegenbock des 1. FC Köln betreut. Oder der berühmte Schauspieler Charly Kemmerling, der früher die Lektoren sprechtechnisch geschult hat. Früher hatte Bürgermeister Heinz Hilgers (SPD) mit seiner Familie jeden Sonntag die Messe besucht. Er saß im linken Kirchenschiff außen auf Bank Nummer drei. Seine Frau Brunhilde war Pfarrjugendleiterin. Er wurde später Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes und Bundespräsident Johannes Rau hat oft Dormagen besucht, um die Bibelfestigkeit von Heinz Hilgers oder seinem Schuster Ulrich Zöller (Römerstraße)  zu testen. Rau war gläubiger Protestant.

Und wie tickt Lennartz? Er ist ein Pastor, der keinen progressiven Unsinn predigt, sondern fest die Lehren der Kirche vertritt. Mit seinem progressiven Mitbruder Pastor Klaus Koltermann hat er ein gutes Miteinander gefunden. Als Jurist verteidigt er seinen Erzbischof Kardinal Woelki gegen ungerechte Anfeindungen. Dieser habe -anders als andere Bischöfe – nichts verbrochen und sieht sich seit Jahren trotzdem als Zielscheibe von kirchenkritischen Chronisten. Rheintoday fragt: „Herr Pastor, wie ist das mit dem Himmel?“ Dr. Lennartz: „Jeder, der aufrichtig nicht in die Hölle möchte, kommt auch nicht in die Hölle.“ Der neue Pastor ist da, wo die Not am größten ist.

Frank Möll

 

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