Neusser Schützen: Vorbilder in Deutschland

Neuss. Es war ein sehr launiger, äußerst kurzweiliger Festakt zum 200jährigen Jubiläum der Neusser Bürger Schützen im Zeughaus am Sonntag, dem 24. September. Was 1823 mit einem Vogelschießen von 100 jungen unverheirateten Männern in Neuss begann ist heute mit 6000 Mitgliedern der wohl größte Schützenverein der Welt: Der Neusser Bürger Schützenverein 1823 e. V.

„Heimat ist Gefühl“ – Festredner Ministerpräsident Hendrik Wüst – selber Schütze – wirbt für Zusammenhalt und Integration der Flüchtlinge in schwieriger Zeit

Ministerpräsident Wüst singt: „Kirmes, Kirmes!“. Kirmes stammt vom katholischen Wort „Kirchmess“. Foto: Christian Dick

Nach der Pandemie wurde 2022 nach damals drei Jahren wieder das heißgeliebte Schützenfest gefeiert. Und 2023 waren die Tage der Wonne der besonders schön. Das Schützenfest im 200. Jubiläumsjahr der Neusser Bürgerschützen wurde mit so viel Herzblut gefeiert, wie lange nicht mehr. Zum Glück gehört eben in besonderer Weise die Geselligkeit – und die Neusser feiern ihr Schützenfest so ausgiebig wie de Kölner den Karneval.

„Das Neusser Bürger Schützenfest ist immer ein Fest der Neusserinnen und Neusser gewesen. Ein Klassentreffen, Familientreffen und Stadttreffen, um an den Tagen der Wonne den Tag einmal Alltag sein zu lassen“, unterstrich Martin Flecken, Präsident der Neusser Bürger Schützen, in seiner Begrüßung. Er bedankte sich für die Teilnahmen der Neusser Schulen an der großen Kinderparade beim Schützenfest 2023. Zu Gast war eine Gruppe von Schülern der Leoschule.

Der beliebte und bekannte Retter Tim Gladis von den Maltesern, Landesvater Wüst, der evangelisch geprägte Johanniter Dieter Guderley, Schützenlustler Hemann Gröhe, Präsident Martin Flecken: Alle freuen sich, dass der Sohn des evangelischen Pastors Edelknabenkönig geworden ist. Samuel Appelfeller ist der derzeit jüngste König der Schützenhochburg Neuss. Foto: Christian Dick

Außer dem 200jährigen Schützen-Jubiläum sei es im dieses Jahr auch 100 Jahre, dass das Neusser Zeughaus zum Veranstaltungssaal umgebaut worden sei, erinnerte Martin Flecken. Anschließend hob er hervor, dass Festredner Ministerpräsident Hendrik Wüst Mitglied der St. Jakobi Schützen in seiner Heimatstadt Rhede ist und dass auch dort das Schützenfest am letzten August-Wochenende gefeiert wird.  

Der Präsident der Neusser Bürgerschützen skizzierte 200 Jahre Erfolgsgeschichte des Vereins. Das Motto „Wir schützen Neuss“ haben sich die Schützen auf die Fahnen geschrieben. Diese beinhaltet laut Flecken auch Wehrhaftigkeit. „Pant rhei“ (altgriechisch „alles fließt“) – so beschrieb er – dies gelte auch für das Neusser Schützenwesen. „Wir haben keine Sorgen, in unseren Reihen neue Mitglieder zu sehen.“

Martin Flecken sagte, das Schützenfest sei Heimatfest. Er zitierte im Folgenden Bernhard Schlink, Jurist und Schriftsteller sei zum Thema Heimat: „Wenn das Leben auf dem Land wie das in der Stadt ist, nur kleinräumiger, wenn sich die Städte nur noch durch die Größe ihrer mit den gleichen Steinen gepflasterten und mit den gleichen Lampen, Bänken und Pollern bestückten Fußgängerzonen unterscheiden, wenn die Geschäfte die gleichen Filialen derselben Ketten sind, wenn die Parteien wie die Kirchen immer ähnlicher in Erscheinung treten, werden Uniformität und Anonymität zur alltäglichen Erfahrung, … wird Entfremdung konkret vor Ort erfahren. Entsprechend richtet sich auch die Sehnsucht [der Menschen] nach nichtentfremdetem Leben, … auf konkrete Orte, auf die Region, die Stadt, den Kiez; diese sollen Individualität besitzen und ausstrahlen und Geborgenheit und Behausungen vermitteln.“ Martin Flecken fügte hinzu „So ist das mit dem Schützenwesen und dem Neusser Bürger-Schützen-Fest. Das ist gut so.“

Schützenkönig Christoph Heusgen reicht seinem knapp unterlegenen Mitbewerber Bert Roemges die Hand. Foto: Christian Dick

Wüst hob schließlich das große Engagement der Schützen in der Gesellschaft hervor. Er nannte als Beispiele das Hinwirken der Schützen auf gesellschaftlichen Zusammenhalt während der Pandemie und die Initiative „Schützen gegen Krebs“ der Neusser Scheiben-Schützen. Er machte deutlich, dass in der aktuellen Zeit ehrenamtliches Engagement äußerst wichtig ist und erklärte „Leider sind immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft allein und einsam. Diejenigen, die einsam sind, in unsere Mitte zu nehmen, das stärkt unsere Gesellschaft! Es ist sehr gut, dass die Neusser Schützen immer vor dem Schützenfest in die Seniorenheime gehen.“

Bürgermeister Reiner Breuer hob hervor, dass der Vertrag der Stadt mit dem Neusser Bürger-Schützen Verein ein „Zukunftsvertrag“ sei. Neuss sei eine tolerante Stadt, die gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus sei. Und für diese Werte stünden auch die Schützen.

Mit Blick auf die Landesgartenschau 2026 stellte Breuer die Perspektive in Aussicht, dass der neue Landschaftspark auf dem Gelände der Schützenwiese auch für die Schützen ein Gewinn sei, er forderte die Schützen auf, sich bei den Planungen einzubringen und regte an, dass man das Gelände der ehemaligen Rennbahn nicht nur einmal im Jahr für vier Tage nutzen sollte, sondern für mehrere Veranstaltungen.

Musikalisch rundete der Musikverein Holzheim des Festakts in grandioser Weise ab. Die Neusser verehren ihren Stadtheiligen sehr stark. Zum Schützenfest ist es Tradition, dass die Flagge auf dem Quirinus-Münster gehisst wird. Eigens für den Jubiläums-Festakt hatte der Holzheimer Musikverein das Quirinus-Lied neu arrangiert und überreichte die Partitur Martin Flecken. Das Neusser Kirmes-Lied durfte ebenso fehlen, wie zum Abschluss des Festakts das Neusser Heimatlied.

Christian Dick

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