Stürzelberg. Vieles kann über den berühmten Stürzelberger Pfarrer und Woelki-Gegner Klaus Koltermann („Pastor Poltermann“) gesagt werden. Aber eines ist er nicht: feige! Bevor er mit 300 Kindern und ihren Eltern auf dem schmucken Stürzelberger Bauernhof von Familie Kallen ein wunderschönes Erntedankfest feierte, war er in Köln vor dem Hauptbahnhof als Seelsorger unterwegs und segnete Paare, die in schwulen oder lesbischen Beziehungen leben, was zu tumultartigen Szenen führte (siehe Videos am Ende dieses Artikels). Mehr dazu später in diesem Beitrag.
Samstag, 14.30 Uhr: War das wieder ein schönes Erntedank-Fest auf dem eindrucksvollen landwirtschaftlichen Hof der Kallens in Stürzelberg! Sozialbindung des Eigentums ist den erfolgreichen Unternehmern nicht fremd – sie tun viel für die Dormagener Gesellschaft, schaffen gute Arbeitsplätze, produzieren nachhaltige und gesunde Nahrungsmittel, spenden für bedürftige Menschen, unterstützen segensreich die St.-Nikolaus-Grundschule und den Kindergarten St. Aloysius, richten Feste für ihre geliebte Mutter Kirche aus.
War im vergangenen Jahr der als Rebell und Kardinal-Woelki-Gegner berühmte Stürzelberger Pastor Koltermann nur im zivilen Daunenjäckchen an den selbstgebauten Altar gekommen, so war er in diesem Jahr wieder der alte, so wie ihn die Gläubigen lieben: In festlicher Albe und regenbogenbunter Stola stimmte er fröhlich die neusten Erntedank-Lieder an, die sein Kantor Peter-Josef Schülgen zuvor mit den Kindergarten- und Schulkindern eingeübt hatte.
In den Fürbitten machten die Pädagoginnen um Hauptorganisatorin Sandra Herpertz klar, dass es gut ist, dem lieben Gott zu danken, dass Menschen in Deutschland genug zu essen haben. Sie erklären den Kindern aber auch, dass es auf der Welt sehr viel Not und Hunger gibt und dass alle Menschen Schwestern und Brüder sind, sich also immer helfen und unterstützen sollten.
Am Anschluss an den Gottesdienst gab es leckeren Apfelkuchen und saftigen Kirschstreusel. Die Familie Kallen spendierte Äpfel und Kartoffeln zum Mitnehmen. Viele Gläubige lobten ihren Pastor für seinen Mut. Denn zuvor hatte der Geistliche vor dem Kölner Hauptbahnhof mit Pfarrer Franz Meurer und anderen Seelsorgern viele schwule und lesbische Paare aber auch wiederverheiratete Paare gesegnet, obwohl dies der Kölner Generalvikar Msgr. Guido Assmann untersagt hatte. Das rheinische Motto: Leben und leben lassen!
Während der von Generalvikar Guido Assmann bereits abgemahnte Pastor Herbert Ullmann aus Mettmann das Verbot der Segnung in Köln akzeptierte und nur als Zaungast dabei war (er gefährde sonst seine berufliche Existenz, sagte Pfarrer Ullmann mehrfach), zeigte sich Koltermann als echter Seelsorger, dem seine eigene Existenz nicht so wichtig ist wie das Heil seiner Schäfchen. Koltermann segnet, was das Zeug hält und bekam viel Lob von offiziellen Kirchenvertretern wie den Dommusiker Oliver Sperling. Mädchen des Domchores und der berühmte Jugendchor St. Stephan machten den Gottesdienst zu einem emotionalen Erlebnis. Es flossen viele Tränen.
Im Dom trafen sich parallel über 600 Gläubige und beteten für ihren Erzbischof Rainer Maria Woelki den Rosenkranz. Vor der Treppe zum Dom trafen sich einige Krawallbrüder und skandierten lauthals den Rosenkranz, nutzten diesen sozusagen als Waffe gegen die regenbogenbunte Segnungsfeier. Das wirkte unsympathisch. Gegenüber Rheintoday erklärte der stellvertretende Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers, Joachim Frank, warum Pastor Klaus Koltermann vom Generalvikar arbeitsrechtlich nicht viel zu befürchten habe, Pastor Ullmann aber schon. Joachim Frank: Ullmann sei diese Art der Segnung vom Generalvikar eindeutig verboten worden, Koltermann aber bislang nicht. Da an Koltermanns Seite der überaus beliebte Pfarrer Franz Meurer stand und mitsegnete, wird das Erzbistum Köln gut daran tun, einfach alles laufen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Das kölsche Motto könnte hier weise sein: Kolti, mach doch was Du willst…
Frank Möll
Kommentar
Als der Dormagener Pastor Koltermann, Pfarrer Franz Meurer von der Schäl Sick und die vielen anderen Seelsorgerinnen und Seelsorger die schwulen, lesbischen, queeren und wiederverheirateten Paare segnete, flossen viele Tränen. Der Mädchenchor des Kölner Doms und der Jugendchor St. Stephan sorgten für einen sehr feierlichen und zur Herzen gehenden Rahmen. Voll sympathisch!
Homosexualität und Ehebruch stoßen offiziell nicht nur bei den christlichen Kirchen auf Ablehnung. Auch andere Weltreligionen gehen drastisch gegen diese „Sünder“ vor. Hier wird nicht exkommuniziert, sondern gefoltert und hingerichtet. Die rheinisch-katholische Kirche ist verhältnismäßig liberal, bekommt aber besonders viel Kritik zu hören.
Die Medien feiern Pastor Koltermann ab, loben sein großes Herz für die, die offiziell nicht zu den Sakramenten zugelassen sind. In den Medien haben viele wiederverheiratete und queere, divers auftretende Menschen einen großen Einfluss. Ich selbst bin geschieden und wiederverheiratet, habe schwule und lesbische Freunde, so genannte Ladyboys sind mit meiner asiatischen Ehefrau verwandt. Was die durchweg wollen: Normal leben, arbeiten, für die Familie sorgen, sich gegenseitig helfen, unterstützen, bei Krankheit pflegen und in der Not trösten. Viele sind sehr konservativ, besuchen Gottesdienste oder beten im Tempel. Schwuchteliges Tunten-Gehabe lehnen sie ab, tragen fast alle auch kein Regenbogen-Outfit.
Mein großer journalistischer Lehrmeister, NGZ-Chefredakteur Ludger Baten, hat seinem schwulen Kollegen einmal gesagt, als dieser aufgrund von Anfeindungen traurig war: „Du hast es dir doch nicht ausgesucht, dass du schwul bist.“ Und Papst Franziskus hat gesagt: „Wer bin ich, um Schwule zu verurteilen!“
Die rheinisch-katholische Kirche ist breit und somit gut aufgestellt: Vom stets korrekten Felsen und Theologen und Dormagener Ex-Pastor Msgr. Guido Assmann über den, der die Sünde kennt (dem barmherzigen Dechanten H.G. Korr), bis hin zum liberalen Pastor Koltermann. Jeder kann sich – je nach aktueller Laune und Standpunkt – einen Seelsorger aussuchen. Denn angesichts der Not auf der Welt ist die Sorge um alle Seelen die vornehmste Aufgabe des Hirten (lateinisch Pastor).
Wichtig muss aber sein: Keine Gruppe darf bevorzugt werden. Der Pastor (Hirte) darf nicht nur Lust auf die Sisterhood-Damen beim „Walk for Change and Solidarity“ haben, nein, er muss sich auch das anhören, was die Seniorinnen im Altencafé beim Häkeln der Lepra-Decken ihrem Pastor erzählen wollen. Und ganz wichtig: Er trägt die Sorge, dass die Kindergarten- und Schulkinder etwas von Jesus erfahren. Der Hirte muss die Herde zusammenführen, ein Brückenbauer sein.
Dass die muslimische Chefin der Dormagener CDU, Anissa Saysay, gelegentlich die Heilige Kommunion empfängt, muss ich erst noch mal sacken lassen und überdenken, was das in diesen wirren Zeiten zu bedeuten hat. Beliebigkeit kann auch nicht der richtige Weg sein. Als Pastor Koltermann die Christa Kallen an den Altar rief, um ihr zu danken, sagte einer aus dem Volk: „Du kommst in den Himmel“. Ihr rheinischer Konter: „Da sehe ich aber dann keinen von euch!“. Das wäre schlimm.
Frank Möll