Der Neusser Polit-Kenner Markus Kuhl analysiert das Wahlergebnis

CDU: Eine Analyse des Verfalls einer der letzten beiden Volksparteien. Konsequenzen für die Bundespartei aber auch für den Wahlkreis Neuss 1

 

Der Niedergang einer Volkspartei in Arroganz, Ignoranz und Trotz

 

Nun ist es amtlich, was lange drohte. Mit 24 %, also abgeschlagen hinter der SPD, in den ersten Prognosen  ist die CDU keine Volkspartei mehr und jetzt mindestens 10 bis 15 Prozent ganz weit davon entfernt. Das dies eine niederschmetternde Katastrophe ist, darüber kann es keine zwei Meinungen geben, es ist auch nichts zu beschönigen!

Seit dem Jahr 2013 hat die Union ihren Stimmenanteil nahezu halbiert. Die Zustimmung schwand im Stillen sukzessive, die Stammwählerschaft veraltete. Wie fing der Niedergang der Union eigentlich an? Meiner Meinung nach ging es im Jahre 2012 endgültig los. Die Partei sollte zur Mitte hin geöffnet werden, neue Wählergruppen erschlossen werden – vor allem zunächst im großstädtischen (z.B. Patchworkfamilien oder Alleinerziehende) und im “liberaleren“ Milieu. Dieser Schritt war richtig und führte zu dem relativ guten Ergebnis bei der Bundestagswahl 2013.Der zu dem Zeitpunkt begangene Kardinalfehler der CDU-Führung wirkte sich bei der Bundestagswahl 2013 noch nicht aus, denn die AfD scheiterte ganz knapp an der 5%-Hürde, der FDP war das Wasser abgegraben. Der GAU war aber bereits vorprogrammiert: Im Jahre 2012, so ist überliefert, lud der damalige CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe die Konservativen ins Adenauer-Haus, um sie, kurz gesagt, in arroganter Art zu “falten“ und ihnen zu drohen

(https://www.tagesspiegel.de/politik/afd-chef-alexander-gauland-der-radikale/22638022.html, https://www.welt.de/politik/deutschland/article13857373/Ja-es-gibt-noch-Konservative-in-der-CDU.html, http://berliner-kreis.info/politikwissenschaftler-patzelt-die-union-hat-im-umgang-mit-der-afd-und-deren-themen-schwere-strategische-fehler-gemacht-polizeigewerkschafter-wendt-bleiben-sie-in-der-cdu).

 

Er provozierte damit die Gründung einer demokratischen Partei rechts von der CDU/CSU und einer Vereinigung außerhalb der Partei  – Franz Josef Strauß, der stets genau davor warnte, dreht sich seit dem im Grabe um. Hermann Gröhe hat hier als Generalsekretär eklatant und nachhaltig versagt, sowie ideologisch motiviert gehandelt!

 

Die Entwicklung der AfD von der “Professorenpartei“ zur „Mahnmal der Schande /Höcke“-Partei bedeutete für die Union von 2013 bis 2017 ein Aderlass von mindestens sechs bis 10 Prozent der Wählerstimmen, in den ostdeutschen Ländern war diese Tendenz noch bedeutend schlimmer. Wir reden hier also über eine massive Schwächung der Union! Doch dabei sollte es nicht bleiben, die Migrationswelle im Jahre 2015 und das formulierte – ja trotzige –  „Wir schaffen das“ der Kanzlerin sind hinlänglich diskutiert. Spätestens jetzt war ein großer Teil, der zur AfD abgewanderten Wähler, für die Union unerreichbar. Das Unverständnis in der Partei (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/studie-der-adenauer-stiftung-cdu-mitgliedern-ist-ihre-partei-zu-links-a-1184073.html) und der Mitte der Gesellschaft wuchs und kippte z.T. in Wut um. Die Zeichen an der Wand waren unübersehbar, doch es folgte kein Umschwenken. Es folgte Ignoranz im ganz großen Stile! Spätestens mit den Koalitionsvereinbarungen 2017 rückte die CDU weit nach links (https://www.sueddeutsche.de/politik/groko-kritik-in-der-cdu-ein-miserables-verhandlungsergebnis-1.3858939). Ich rede nicht über die “Ehe für alle“, sondern beispielsweise über Fragen der doppelten Staatsbürgerschaft, andere inhaltliche Entgegenkommen gegenüber der SPD, sondern auch über die Art des Regierens per Order de Mufti oder Diskussionsdefizite in der Fraktion. Das alles war längst politikwissenschaftlich erfasst, aber auch dann folgten keine Konsequenzen, weder in der Partei noch in der Fraktion – abgesehen vom Austausch eines autoritären, Merkel-treuen durch einen rhetorisch sehr schwachen Fraktionsvorsitzenden.

 

Dann folgte einer Zeit, in der – eigentlich ohne Not – eine weitere Flanke sehr weit geöffnet wurde: Islamisten und islamistische Terroristen schienen sich in Deutschland ungehindert bewegen, Anschläge planen und sogar durchführen zu können. Hassprediger und Clans machen gegen den Rechtsstaat Deutschland mobil, der Staat scheint wie gelähmt und Institutionen verunsichert. Die Geheimdienste versagten offensichtlich im entscheidenden Moment und bestimmte Juristen, Rote, Dunkelrote und Grüne schienen klammheimlich in Wahrheit gar keine Abschiebungen zu wollen. Die CDU schien das alles und ie steigenden Sorgen in der Bevölkerung auszusitzen und benannte auch die Schuldigen in den Ländern in öffentlichen Diskussionen nicht deutlich. Ob es nun gerecht ist oder nicht, die CDU scheint bis heute innenpolitisch zahnlos zu geworden zu sein, und es schienen die Mäuse immer beschwingter auf dem Tisch zu tanzen. Dieses Gefühl der zunehmenden Schwäche der Union trieb die Wähler der Mitte weiterhin zur AfD – zahlreiche Polizisten finden wir heute in der AfD oder als ihre Wähler – oder zur Nichtwahl.

Die Masken-Affairen im Sommer 2021, der Geruch der Korruption und Geldgier, die scheinbare Unfähigkeit einzelner Unions-Minister in der Corona-Krise, die Art der Aufstellung des Kanzlerkandidaten und die Frage nach seinen Kompetenzen – nicht erst das vermeintlich empathielose Lachen während der Flut – erschütterten das Vertrauen in die Union dann vollends. Auch hier hatte der Neusser Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe massiv für Armin Laschet geworben

 

Das Adenauer-Haus ist offenbar personell inzwischen derart schlecht geführt und hilflos, dass man nicht mal in der Lage ist, den sehr häufig angesehenen Rezo-Zerstörungsvideos zu kontern oder die in Teilen fanatische Umweltpolitik der Grünen zu entlarven.

Überhaupt ist die Frage der Personalauswahl in der Union recht fragwürdig geworden. Es scheint nicht mehr unbedingt Qualifikation im Vordergrund zu stehen. Wo sind  beispielsweise Generalsekretäre vom Format eines Heiner Geißlers oder Kurt Biedenkopfs…? Diese Generäle konnten Kampagnen entfachen und befeuern, wie es in Bezug auf die AfD und den Grünen eigentlich absolut notwendig wäre, und den Gegner attackieren, dass es nur so krachte! Ein politisch-verblendeter Stümper wie Kevin Kühnert, der ganz alten Wein in alten Schläuchen verkaufen will, wäre von ihnen zerfleischt worden, statt umgekehrt…

 

Das Verhalten einiger des Parteiestablishments gegen Hans Georg Maaßen ist unerträglich: Die primär linken Medien machen eine unqualifizierte Treibjagd auf ihn und Günther, Güler und Prien machen auch noch mit. Dabei hat Maaßen mit seinen Thesen doch völlig recht: In fast allen politischen und “satirischen“ Sendungen des öffentlichen Rundfunks wird man fast mit der Nase in den Dreck gedrückt, dass man gefälligst grün oder rot zu wählen hat. Es läuft eine Dauerwerbesendung im ZDF für rot-grün. Ich wünsche mir mehr aufrichtige Politiker, wie Maaßen, hätten den Mut, das auszusprechen und die Maßnahmen zu ergreifen, dass der öffentliche Rundfunk endlich objektiver berichtet – was eindeutig seine Aufgabe ist.

 

 

Fazit:

Die Reform der Union muss sofort, umfassend und nachhaltig kommen!

Thematisch bedeutet das: Die Union muss sich eindeutig pro Mittelstand (Steuern möglichst senken) positionieren, für ein sehr starkes Europa (keine Lasten-Union, gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik,…), für einen stabilen Euro, für eine soziale Ausgewogenheit (Mindestlohn regional, Kinderarmut gezielt bekämpfen), für einen konsequenten, innovativen Umweltschutz (keine Ideologie linker Spinner, synthetisch-nachhaltige Kraftstoffe massivst fördern, Permakulturen in der Landwirtschaft forcieren, Mischwälder statt Monokulturen, Renaturierung, massive Hilfe für sinnvolle grüne und ökonomisch nachhaltige Projekte in Dritter Welt…) einsetzen, linke, einseitige Meinungsbeeinflussung / Hetze im öffentlich rechtlichen Rundfunk bekämpfen, die Öffnung zur liberalen Großstadt CDU (offen, nicht ideologisch) forcieren, konsequent Feinde des Rechtsstaats rechtzeitig aus der EU – und zwar lebenslang – entfernen (Islamisten, keine Toleranz bei antisemitischen Demonstrationen, Clan-Mitglieder rausschmeißen). Das Dänisches Modell für Asylbewerber gilt es in Deutschland zu übernehmen, rechten und linken Spinnern und Kriminiellen Einhalt (Hartes Durchgreifen bei Chaostagen und rechtsradikalen Reaktionen, keine Toleranz für Ex-IMs) gebieten, arrogante, linksgesteuerte Erziehung der Bevölkerung (Gendern) wo möglich unterbinden, eine klare Kampagne gegen die AfD führen und Angebot an die noch-vorhandenen demokratischen Kräfte (Übertritt) unterbreiten. Wir brauchen endlich einen klaren Bruch mit jeglicher linker Anbiederung!!!

Wir brauchen dringend einen personellen Anfang in der Union und ich weiß jedenfalls genau, wer das sicher nicht kann und auch mitverantwortlich für die negativen Entwicklungen ist: Altmeier, Braun, Gröhe, Günther, Güler, Prien, Zimiak, bzw. Bär, Seehofer, Scheuer,… Wesentlich besser geeignet wären Merz, Röttgen, Maaßen, Mohring, Kretschmann, Kuban, V. Lengsfeld, Linnemann, Pantel, Winter, Vaatz, vielleicht auch Neumann und Chialo…

Die CDU muss an ihre alten Stärken und Konsequenzen wie Innere Sicherheit, Verteidigung, soziale und ausgewogene Wirtschaftspolitik, pro-europäisch, kluge Bildungs- und Familienpolitik wieder anknüpfen und diese klaren Themen um das Thema ehrlich gemeinten und konsequente Umweltschutzpolitik ergänzen. Wir müssen wieder den Puls am Volk haben und die Wähler müssen das Gefühl und die Sicherheit haben, gehört und wahrgenommen worden zu sein. Jeder Wähler muss künftig klar sehen, wofür die Union steht. Wir müssen wieder der Fels in der Brandung sein, berechenbar und verlässlich!

Personalfragen, wie die Frage des Bundesvorsitzenden oder des Kanzlerkandidaten, gehören nach einem nötigen Neustart in die Hand der Mitglieder (Urwahl).

 

Entwicklungen hinsichtlich der CDU im Bundestagswahlkreis Neuss 1

Der Bundestagswahlkreis Neuss 1 war bis 2002 das, was man eine unumstrittene Hochburg der CDU nennen kann. Bei der Bundestagswahl 2002 verlor Hermann Gröhe den Wahlkreis erstmals, holte ihn dann aber mit recht hohen Ergebnissen 2005 wieder. Bei der Wahl 2013 lag die CDU mit Gröhe bei der Erststimme dann bei 44%. Das war dann allerdings im Gegensatz zur Bundestagswahl 2013 (51,6%) ein Minus von fast 8 Prozent!

Die CDU lag bei der Kommunalwahl 2020 in der Stadt Neuss nach Verlusten nur noch gut 3 Prozentpunkte vor der SPD. Die SPD gewann – gegen den Landestrend – in Neuss kräftig hinzu (nahezu plus 6 Prozent). Der Landrat holt im ersten Wahlgang allerdings auf Anhieb 49%… Die Wahlbeteiligung lag bei der Kommunalwahl bei 47,9%, bei der Bundestagswahl liegt sie stets um bis zu 35% höher (73,4%, 2017). Es zeigt sich, dass die CDU in Neuss von einer höheren Wahlbeteiligung früher stets profitierte. Dies ist nun nicht mehr der Fall. 

Der CDU-Bürgermeisterkandidat Jan-Philipp Büchler lag 20,1% von Bürgermeister Breuer entfernt – sein Ergebnis lag damit sogar noch deutlich unter dem Gesamtergebnis der CDU Neuss.

Es zeigt sich deutlich, dass die Neusser Bevölkerung und die des Rhein-Kreises mit dem Personalangebot, vielleicht auch mit der Art der Personalauswahl, der  CDU Neuss nicht sonderlich zufrieden ist. Hermann Gröhe gewinnt hauchdünn in einer einstigen Hochburg gegen einen “Nobody“ von der SPD. Dabei verliert er im Vergleich zu 2017 noch einmal fast 10 Prozent.

 

Markus Kuhl analysiert das Wahlergebnis. Er war lange Jahre Chef der Jungen Union Nuess und CDU-Bürgermeisterkandidat im Neusser Vorentscheid. Der Politikwissenschaftler war Chef der Kommunalpolitischen Vereinigung und bildete Polizistinnen und Polizisten aus.

 

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