Dormagen. Wo ist der bundesweit bekannte und beliebte Dormagener Bürgermeister Erik Lierenfeld (SPD)? Schützenfest stand er nicht auf der Tribüne, überließ seinem Stellvertreter René Schneider (CDU) alle repräsentativen Aufgaben. Rheintoday begleitete Schneider mit dem Stadtbus, testete ob auch er Bürgermeister „kann“. Ergebnis: Top Rede am Samstagabend. Vor allem kurz und knackig. Keine Opfer. Anders am nächsten Morgen: Viele Schützen kippten der Reihe nach am Ehrenmal um, weil trotz praller Sonne die Landtagsabgeordnete Heike Troles (CDU) mit ihren Ausführungen über Krieg und Frieden gar nicht mehr aufhören wollte. Eine Qual! Gott sei dank gab es in diesem Jahr keine Toten wie in den Vorjahren.
Am Sonntag stand es noch schlecht um Bürgermeister Erik Lierenfeld (SPD). Unfassbare Schmerzen am Rücken! Seine Verantwortung ist groß, die Last, die er auf seinen Schultern tragen muss, ist enorm. Viele Sorgen brockt ihm unter anderem sein städtisches Jugendamt mit dubiosen Entscheidungen ein. Es gab sogar Morddrohungen gegen ihn und Hass von Familienmitgliedern, denen das Jugendamt die Kinder weggenommen hatte.
Dann auch noch ein schlimmer Vorfall an einer Dormagener Grundschule. Ein geistig behinderter Junge, der eigentlich rund um die Uhr von einer Inklusions-Kraft betreut werden soll, soll einem sechsjährigen Mädchen Stöcke in die Vagina und in den After gesteckt haben. Von den offenbar überforderten Lehrern, die offenbar keine ausreichende Aufsicht führten, sollen zunächst andere Kinder beschuldigt worden sein, die nach ersten Untersuchungen mit dem Fall aber überhaupt nichts zu tun haben, sondern selbst Opfer der belastenden Szene der Gewalt gegen ein kleines Mädchen gewesen sein sollen. Bilder, die Kinder ein Leben lang begleiten werden!
Bürgermeister Erik Lierenfeld ist als Träger der Schule und Chef des Jugendamtes im Detail über seinen privaten AOL-Account per e-mail über den schlimmen Vorfall unterrichtet worden. Der Träger der Schule muss gemeinsam mit Kreisschuldezernent Tillmann Lonnes und der erfahrenen Sozialarbeiterin Ina Oberlack die Kinder befragen, die den Vorgang fassungslos mit ansehen mussten. Bislang ist offenbar wenig geschehen: Jugendamtsleiterin Martina Herrmann feierte ihren Abschied. Aperol Spritz und Eierlikör sind die Getränke, die gerne gereicht werden. Dazu Finger-Food.
Bürgermeister Erik Lierenfeld und Schuldezernent Tillmann Lonnes belasten folgende Fragen: Hat die Schulleiterin sofort Untersuchungen eingeleitet? Hat sie den Vorgang gemeldet? Wurde das sechsjährige Mädchen nach der gewaltsamen Defloration ärztlich betreut? Kreispolizeichef und Landrat Hansjürgen Petrauschke ist mit dem Fall ebenfalls befasst, hat erste Informationen erhalten.
Ein Lichtblick im Jugendamt: Ina Oberlack (Jahrgang 1968), die nötige Erfahrung und Gelassenheit mitbringt, viel Wissen hat. Kein Wunder: Viele Jahre lang arbeitete sie mit den heutigen Rheintoday-Reportern zusammen, entwickelte für sie Filmnegative und fertigte im Labor Fotos an, arbeitete journalistisch selbst als Fotoreporterin. An ihrer Seite im Jugendamt steht Christina Buth, die als junge Frau erstaunlich gut auch bei schwierigen Klienten die Contenance behält. Beide Frauen sind im Thema „Sexuelle Gewalt, Gewalt und Rassismus“ an der besagten Dormagener Grundschule.
Heute (Freitag) verlässt Martina Hermann als Leiterin das Jugendamt. Sie wurde vom langjährigen Bürgermeister und Frauen-Förderer Heinz Hilgers in allen Belangen gepusht und befruchtete das bundesweit anerkannte „Dormagener Modell“ mit ihrer herben, aber spritzigen Art neu. Das Urteil: „Sie war erste Sahne!“
Nachfolger wird der sympathische Mike Wetzel aus Mettmann, wo die Grünen noch nicht so stark sind, dass sie das köstliche Mettbrötchen verdammen und den Namen der Stadt umändern wollen. Genau nach dem Geschmack von Erik Lierenfeld, der auch kein Vegetarier ist, sondern als ganz normaler Rheinländer auch mal ein Kotelett genießen kann. Wetzel hat eine Mammut-Aufgabe vor sich. Das Jugendamt wird von namhaften Leiterinnen der Familienhilfe massiv kritisiert, das einst so gelobte „Dormagener Modell“ (hier besuchen Jugendamts-Kontrolleure, im Volksmund „Eltern-Polizei“ genannt, nach der Geburt jede Familie und schauen, ob das private Umfeld kindgerecht gestaltet ist, die Eltern keine asozialen, extrem tätowierten und gepiercten Alkoholiker oder Drogen-Gewalttäter sind) wird der neue Chef Mike Wetzel nun modernisieren und erneuern.
Wie die Rheintoday-Redaktion heute vom Krankenhaus-Personal erfahren hat, ist Bürgermeister Erik Lierenfeld vor wenigen Stunden aus der Propofol-Vollnarkose aufgewacht und scherzt schon wieder. Der Eingriff an der Wirbelsäule ist den Top-Ärzten gelungen. Lierenfeld dürfte jetzt wieder so agil und wendig wie ein 25jähriger sein, heißt es. Doch wenn er vollkommen genesen ist und ins Rathaus zurück kommt, wartet wieder die Knochenmühle und viele Probleme auf den Chef. Probleme, die nur ein Erik Lierenfeld lösen kann. Ein Mann, der klar denkt und keinen Unsinn erzählt…
Frank Möll