Dormagen. Strebt Dormagens Bürgermeister Erik Lierenfeld nun in den Bundestag- oder nicht? Das Zugpferd der Sozialdemokraten soll höhere Ambitionen haben. Nach einem schriftlichen Kommentar aus einem Geheimprotokoll vom Geschäftsführenden Vorstand der Kreis-SPD, der Rheintoday vorliegt, soll Lierenfeld in den Bundestag streben und dafür das Amt des Bürgermeisters aufgeben wollen. Rheintoday berichtete gestern. Hier der Beitrag.
Auf Anfrage von Rheintoday äußert sich jetzt der Sprecher des Bürgermeisters, Nils Heinichen, zu den Abwanderungs-Spekulationen seines Chefs: „Herrn Lierenfeld ist das Papier nicht bekannt. Zu Spekulationen äußert er sich auch nicht. Er fühlt sich im Amt des Bürgermeisters sehr wohl und will noch viele Aufgaben erledigen.“ Rheintoday hatte zuvor folgende exakte Frage formuliert: „Laut Informationen aus dem SPD-Vorstand strebt Erik Lierenfeld eine Kandidatur für den Bundestag an. Ist das richtig?“ Der Polit-Experte Marcel Offermann kennt die Parteien, Rathäuser im Rhein-Kreis Neuss und ihren Sprech gut. „Ein Dementi hört sich anders an“, so der Kenner der Szene. Dass er bis zur Nundestagswahl noch viele Aufgaben in Dormagen erlediugen will, sei löblich. Eine Antwort auf die exakte Frage sei das nicht, heisst es aus dem Dormagener Rathaus.
Rheintoday berichtete gestern, dass in einem geheimen „Memo“ aus dem SPD-Führungsgremium deutlich werde: Auf der Kreisebene wird es zum Machtkampf zwischen dem beliebten Dormagener Bürgermeister Erik Lierenfeld als potenziellem Bundestagskandidaten für 2025 und dem amtierenden Kreisvorsitzenden, dem etwas unglücklich agierenden Grevenbroicher Fraktionsvorsitzenden Daniel Rinkert kommen. Der Machtkampf wird sich Ende 2023 abspielen. Mit „schwerem Gerät“ wie Bundeskanzler Olaf Scholz Massenvernichtungswaffen nennt. Diese Nachricht und die Bewertung einzelner Politiker des Rhein-Kreises Neuss via Rheintoday ist gestern in Neuss, Rommerskirchen, Grevenbroich und Dormagen wie eine Bombe eingeschlagen.
Sogar der Landtagsabgeeordnete und CDU-Vizebürgermeister aus Neuss, Dr. Jörg Geerlings, schaltet sich in Debatte ein: „Das ist ein typischer Möll-Artikel. Einiges wird sicher so eintreffen. Dann kann Rheintoday sagen, dass die das als erstes vermeldet haben.“
„Lierenfeld gehören die Herzen“, heisst es aus dem Vorstand. Wenn Rinkert nicht zügig im Bundestag als Listen-Nachrücker sitzen wird, werde es eher eng für ihn. Zweimal schon hab er die Bundestagswahl gegen Hermann Gröhe (CDU) bereits verloren, obwohl dieser „aus dem Amt des Bundesgesundheitsministers gejagt wurde“. Eine schwache Performance von Rinkert, zumal die SPD die Kommunalwahlen zuvor fast im kompletten Bundestagswahlkreis (Neuss, Dormagen, Rommerskirchen, Grevenbroich) gewonnen hat.
Die SPD-Strategen rechnen im Hinblick auf die Kommunalwahl in drei Jahren (Herbst 2025) zudem damit, dass Landrat Petrauschke wegen der Altersgrenze nicht mehr antritt. Insofern ergibt sich aus Sicht der SPD neben einem Sieg bei den Bundestagswahlen auch noch eine Chance, dass Landratsamt zu erobern. Als Gegenkandidaten der CDU werden entweder der Bundestagsabgeordnete Ansgar Heveling, die stellvertretende Landrätin Katharina Reinhold oder der neue Kreiskämmerer Martin Stiller vermutet. Der belesene Kreisdirektor Dirk Brügge (Thomas Mann, Dürrenmatt, Lessing) sehen die Kenner der Polit-Szene als Wunschkandidat vieler Neusser CDU´ler als Bürgermeisterkandidat seiner Wahlheimat, wo auch die beliebte Lebenspartnerin herkommt, die als Buchautorin und Social-Media-Experten in Neuss viele Follower hat.
Auf SPD-Seite werden derzeit fünf mögliche Personen diskutiert (Auflistung nach Wahrscheinlichkeit der Kandidatur): Die stellvertretende Landrätin Christina Borggräfe. Für sie spreche, dass sie eine „junge attraktive Frau“ sei. Durch ihre Arbeit als Büroleiterin im Landtag habe sie genügend Grundkenntnisse in Politik und Verwaltung und Vernetzung in Landespolitik. „Sie gilt als fleissig und ambitioniert, ist eine ruhige Persönlichkeit und eine enge Freundin von SPD-Chef Daniel Rinkert. Sie ist in allen Städten und Gemeinden vermittelbar und wäre auch bei den Grünen als potenziellen Bündnispartner vermittelbar. Zudem repräsentiert sie die städtische, grün-linke Wählerschaft“, so die SPD-Bosse.
Gegen sie spreche, dass sie über die Grenzen von Meerbusch hinweg noch ziemlich unbekannt sei. „Da muß noch mehr kommen“ sagt die Kreisspitze. Zudem habe sie wenig bis keine Verwaltungserfahrung und bislang noch keine Wahl selbst gewonnen. Zudem sei der SPD-Stadtverband Meerbusch sehr schwach auf der Brust und als links-feministische Städterin, die Düsseldorf liebe, in „unseren ländlicheren Regionen“ schwerer vermittelbar als zum Beispiel der Neusser Fraktionsvorsitzende Arno Jansen. Von Rheintoday noch vor kurzem als „Armer Arno“ betitelt, sei er die tragische Figur der letzten Jahre im SPD-Unterbezirk, so die Strategen im Parteibüro Grevenbroich. Für ihn spreche: Beste Ausbildung und Erfahrung bei der SGK. Auch was das brutalste Bekämpfen von Gegnern angehe (persönliche Schwächen aufdecken und über willige Mittelsmänner in Sozialen Medien anprangern, was im Falle Geerlings in die Hose ging), er ist ein treuer Vasall von Reiner Breuer und durch und durch in der SPD Neuss (dem größten Stadtverband) verankert. Er kennt Neuss wie seine Westentasche und ist als Neusser Schütze mit den Traditionen vertraut. Zudem hat er bei der Landtagswahl die Grünen schon einmal hinter sich gebracht. Mit dem mächtigen Kreisvorsitzenden Daniel Rinkert hat er einen starken Unterstützer.
Gegen Arno Jansen spreche, dass er im Rest des Kreises nicht verankert und völlig unbekannt ist. Im ländlichen Raum (Jüchen, Rommerskirchen, Korschenbroich) sei er eher nicht zu Hause. Zudem habe er mehrere Wahlen verloren und „gilt nicht mehr als taufrisch“. Die Strategen: „Altersmässig ist Arno Jansen inzwischen auch schon eher im oberen Drittel angelangt. Jung und dynamisch geht anders“. Bei Wechselwählern und CDU-Kreisen sei der „Apparatschik“ der Propagandazentrale Düsseldorf eher nicht vermittelbar.
Ein weiterer Kandidat ist der künftige Kreisdezernent Gregor Küpper. Er hat als Quereinsteiger im Rommerskirchener Rathaus Verwaltung gelernt und hat 2025 auch noch drei Jahre Kreisverwaltung hinter sich. Küppers habe im Herbst 2025 als Mann von 42 Jahren das richtige Alter und kommt aus dem SPD Stadtverband Neuss, dem größten SPD-Verband im Kreis und gilt als Intimus von Neusser SPD-Größe Arno Jansen und Adlatus Stefan Schmitz. Soll Mitglied des „Männerclubs“ sein, der wichtige Positionen besetzt (wie auch Behncke, Rinkert, Schmitz,…)
Zudem sitze er schon in der Kreisverwaltung und kann aus dem Amt heraus Wahlkampf machen. Hat auch Zugang zu brisanten Informationen am Tisch vom amtierenden Landrat. Und die seien „wirklich brisant“, heisst es.
Er wäre kühn genug, als Dezernent aus der Kreisverwaltung auch gegen den amtierenden Chef zu kandidieren, gilt allerdings als undiplomatisch und als Scharfmacher. Daher sei es nicht verwunderlich, dass er „Rheintoday“ gerne lese. Er habe in der Partei (und dort, wo er beruflich eingesetzt war) deshalb mindestens ebenso viel Freunde wie Gegner. Wunden seien nach der Wahl zum Kreisdezernenten in der Partei noch nicht verheilt.
Weiter spreche gegen ihn, dass er eher als bequem und mäßig fleißig und nur begrenzt ambitioniert gelte, was ebenso mit seiner Nähe zu „Rheintoday“ zu erklären sei, wo auch nur höchstens einmal pro Woche ein Artikel geschrieben werde.
Zudem habe er nie irgendein Mandat besessen oder selbst eine Wahl gewonnen. In der Folge sei auch wenig politisches Gespür und zu wenig praktische politische Erfahrung vorhanden. Der Mann sei zudem den Grünen schlecht vermittelbar.
Der junge Landtagskandidat Marcel Knuppertz habe da schon mehr Chancen. Er sei
jung, dynamisch und fröhlich. „Im Herbst 2025 ist er immer noch Anfang 30 und hat trotz mangelnder Chancen einen guten Landtagswahlkampf hingelegt“, so das Lob aus dem SPD-Vorstand. „Er wäre eine lockere Alternative zu den grauen Verwaltungshengsten. Der Bunte Vogel im Wahlkampf und könnte vor allem Jugendliche ansprechen. Als Fraktionsvorsitzender in Korschenbroich hat er bereits in jungen Jahren viel Politikerfahrung gesammelt. Er gilt als enger Freund von SPD-Chef Daniel Rinkert“ Aber: Als junger Lehrer habe er bislang keine Verwaltungserfahrung. Trauen die Menschen ihm die Führung der Kreisverwaltung zu? Gegen ihn spreche, dass das Lebensalter und politische Erfahrung noch nicht groß genug für Wahl 2025 seien. Zudem komme er aus Korschenbroich, dem schwächsten SPD-Stadtverband.
Mit in der Überlegung ist der Bürgermeister von Rommerskirchen, Martin Mertens.
Im Herbst 2025 hat er seit über 11 Jahre Führungserfahrung in einer Verwaltung. Davor mehrere Jahre Berufserfahrung in Landtag und Bundestag. Über Parteigrenzen hinweg große genieße er große Anerkennung wie zuletzt bei der Wahl mit fast 90 Prozent in Rommerskirchen. Als Absolvent einer katholischen Klosterschule se er eher im christlich-konservativen Arbeitermilieu zu Hause als im linksgrünen städtischen Umfeld, was sehr gut sei. Er habe schon früh als Mitarbeiter in Bundestag und Landtag Erfahrung sammeln können und war selbst schon Kreistagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender. Dr. Mertens habe bisher alle Wahlen, zu denen er angetreten ist, gewonnen und gelte zudem als sehr fleissig und ambitioniert. „Wir trauen ihm die Führung einer Kreisverwaltung zu. Er pflege einen parteiübergreifenden, fairen Führungsstil und hat noch junge Kinder.“
Er habe zwar öffentlich angekündigt, bis 2030 Bürgermeister Rommerskirchen bleiben zu wollen. Doch dies könne „geheilt“ werden. Die Rommerskirchener seien sicher auch stolz, wen jemand aus ihren Reihen Landrat werden könne.
Allerdings: „Er gilt als extrem verbissen, wenn er Ziele verfolgt. Fehlt die Gelassenheit. Seine Mutter mischt sich ein, wenn gegen seinen Sohn etwas schlecht läuft und droht Journalisten.“ Dies sei aber auch für viele sympathsch. Vor allem für die vielen Wähler italienischer Abstammung, wo die „Mama“ noch was gelte. Minuspunkt auch: Martin Mertens komme aus der kleinsten Gemeinde des Kreises und dem kleinsten Gemeindeverband. „Dr. Mertens gilt nicht als Intimus von Daniel Rinkert und der mächtigen Neusser SPD und würde deren Rückendeckung vermutlich nicht bekommen“, so die Strategen der Kreis-Genossen. Aber auch das könne „geheilt und verbessert“ werden.
Frank Möll